Diese Website befasst sich mit dem Deutsch Kroner Land, einer historischen Grenzregion in Mitteleuropa zwischen der Neumark, Pommern und Großpolen. Die polnische Bezeichnung lautet Ziemi Wałecki. Geologisch liegt das Deutsch Kroner Land auf einer eiszeitlichen Geschiebelehmplatte mit Grundmoränen- und Sanderflächen. Die Landschaft ist flachwellig bis hügelig und von Wäldern und vielen Seen geprägt. Der Boden ist von leichter bis mittlerer Güte.
Geografisch grenzt das Deutsch Kroner Land im Norden an das Neustettiner und Dramburger Land, die auf ähnlichen eiszeitlichen Platten liegen. Im Westen bilden das Plötzenfließ und die Drage die Grenze zur Neumark, im Süden die Netze und im Osten die Küddow die Grenze zu Großpolen.
Obwohl das Deutsch Kroner Land nie menschenleer war, fand eine anhaltende Besiedlung erst in der Zeit des mittelalterlichen Landesausbaus statt. Vermutlich ab dem 6. Jahrhundert drangen slawische Völker von Norden, Osten und Süden in das von dichten Urwäldern und Morästen bedeckte Gebiet vor. Mehrere Burgwälle, die von den Zuwanderern zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert als Wohn- und Wehrplätze angelegt wurden, künden bis heute von dieser frühen Siedlungswelle.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts begann die deutsche Kolonisation des Gebiets, die sich im Wesentlichen auf die Grundmoränenflächen zwischen dem Flusslauf der Netze und der Neumark beschränkte. Die deutschen Siedler gründeten Dörfer und Städte nach deutschem Recht, wobei sie oft bestehende slawische Siedlungsplätze nutzten.
Soziale Veränderungen in Pommern und Brandenburg führten im 16. Jahrhundert zu einer dritten Siedlungsbewegung, der zweiten deutschen Ostsiedlung. In ihrem Verlauf wurden erstmals auch die leichten Böden der Sander besiedelt; neue Dörfer entstanden und vorher aufgegebene wurden neu bevölkert.
Ebenfalls im 16. Jahrhundert wanderten viele Juden aus Brandenburg, wo sie verfolgt wurden, in das Deutsch Kroner Land ein. Sie ließen sich vor allem in den Städten nieder und beförderten Handel und Gewerbe.
Staatlich gehörte das Deutsch Kroner Land vom 10. bis ins 13. Jahrhundert zum polnischen Piastenreich und vom Beginn des 14. Jahrhunderts bis zum Jahr 1368 zur brandenburgischen Neumark, wobei sich die staatliche Herrschaft auf wenige befestigte Plätze beschränkte. Im Jahr 1303 gründeten die brandenburgischen Markgrafen auf einem slawischen Siedlungskern unter dem Namen Arnescrone die Stadt Deutsch Krone, das heutige Wałcz. Vorrangige Aufgabe der Siedlung war der Landesschutz; die Silbe Arn im Stadtnamen meint den brandenburgischen Adler, Crone leitet sich von Kraina d. h. Grenzgebiet her.
Von 1368 bis 1772 war das Deutsch Kroner Land Teil des Palatinats Posen im polnischen Königreich. Die nordwestliche Grenze des Landes, die mit der polnischen Staatsgrenze zusammenfiel, wurde erst im 15. Jahrhundert festgelegt. Sie führte durch eine weitgehend unbesiedelte Wildnis, schloss mehrere brandenburgische Enklaven ein und hatte eher die Gestalt eines breiten Grenzsaums.
In der Mitte des 16. Jahrhunderts erfasste die Reformation das Deutsch Kroner Land; in den Städten und vielen Dörfern übernahmen die Anhänger Luthers viele Kirchen. Schon am Ende des Jahrhunderts setzte aber eine katholische Gegenreformation ein, die vom Staat befördert wurde. Der Zusammenprall von Reformation und Gegenreformation führte zur konfessionellen Spaltung des Landes, die bis 1945 anhielt.
Von 1772 bis 1945 gehörte das Deutsch Kroner Land zu Preußen, und zwar von 1772 bis 1815 zum Netzedistrikt, von 1815 bis 1922 zum westpreußischen Regierungsbezirk Marienwerder, von 1922 bis 1938 zum Regierungsbezirk Schneidemühl der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen und von 1938 bis 1945 zum pommerschen Regierungsbezirk Grenzmark. Die Verwaltungseinheit des Landkreises Deutsch Krone erfuhr dabei im Lauf der Zeit etliche Veränderungen, so gehörten bis 1807 z. B. auch die Städte Schneidemühl, Chodziesen und Schönlanke zum sogenannten Croner Kreis.
Ökonomisch blieb das dünn bevölkerte Deutsch Kroner Land zur preußischen Zeit agrarisch geprägt; große Landgüter und zahlreiche Bauernhöfe bestimmten das Wirtschaftsleben, Industrie war kaum vorhanden.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs fiel das Deutsch Kroner Land an Polen, wobei ein nahezu vollständiger Austausch der ansässigen Bevölkerung vorgenommen wurde. Als Verwaltungseinheit entstand der Powiat Wałecki, dessen Fläche zunächst weitgehend mit dem preußischen Landkreis übereinstimmte. Bis 1975 gehörte der Powiat zur Woiwodschaft Koszalin (Köslin), von 1975 bis 1999 zur Woiwodschaft Piła (Schneidemühl), seit 1999 zur Woiwodschaft Westpommern mit Sitz in Szczecin (Stettin). Bei der Verwaltungsreform des Jahres 1999 wurde das Gebiet um Jastrowie (Jastrow) und Sypniewo (Zippnow) abgetrennt und dem Powiat Złotowski (Flatow) zugeschlagen.
Das Deutsch Kroner Land war immer dünn besiedelt. Im Jahr 1933 zählte man nur 32 Personen pro Quadratkilometer, heute sind es 37. Während in den 1930er Jahren allerdings zwei Drittel der Bewohner auf dem Land lebten, sind es heute weniger als die Hälfte.
Durch die Grenzziehung und den Bevölkerungsaustausch nach dem 2. Weltkrieg hat sich die kulturelle Identität des Deutsch Kroner Landes tiefgreifend verändert. Es ist heute auch keine Grenzregion mehr, sondern liegt im polnischen Binnenland zwischen Pomorze, Wielkopolska und Lubuskie.
Die Grenzen des Dt. Kroner Landes sind nicht immer dieselben gewesen, auch nicht immer politisch genau zu bestimmen. Wir verstehen im 14. Jahrhundert […] darunter das Land zwischen der Drage und dem Bache Döberitz, welcher heute den Dt. Kroner Kreis halbiert.
Franz Schultz: Das Deutsch Kroner Land im 14. Jahrhundert in: Zeitschrift d. Westpreußischen Geschichtsvereins, Heft 39, Danzig 1899, S. 7.
Im Ganzen wird man wohl nicht sehr irren, wenn man behauptet, dass die Stadt D. Crone, Tütz, Mk. Friedland und Schloppe im Jahre 1368 auf friedlichem Wege an Polen abgetreten und seitdem bis 1772 bei Polen verblieben sind.«
F. W. F. Schmitt: Geschichte des Deutsch Croner Kreises, Thorn 1867, S. 47.
Das Gebiet, das nördlich von der Netze zwischen den Flüssen Küddow und Drage liegt […], trug seit Mitte des 15. Jahrhunderts den Namen Powiat Wałecki und war ein integraler Bestandteil der Posener Wojewodschaft.
Ludwik Bąk: Ziemia Wałecka w dobie reformacji i kontrreformacji w XVI–XVIII w., Piła 1999, S. 543.
Soweit die Geschichte des Kreises reicht, bezeugt sie, daß der »Cronsche Kreis« stets ein reindeutsches Gebiet gewesen ist; daran konnte auch die politische Zugehörigkeit zu Polen vom Jahre 1368 bis 1772 nichts ändern.
Leo Rehbronn: Das Deutsch Kroner Land in: Rundbrief der Priester der Freien Prälatur Schneidemühl, Weihnachten 1962, S. 32.
Nördlich der historischen brandenburgisch-polnischen Grenze im Warthe-Netze-Bereich […] erstreckte sich in der nördlichen Neumark, dem nördlichen Großpolen, in Hinterpommern und in Pommerellen eine Grenze von mehreren 100 Kilometern Länge, in der nach 1648 polnische (der Kreis Crone und die Starostei Draheim) wie brandenburgisch-pommersche Territorien (Hinterpommern, der Kreis Neustettin) ineinander verkeilt waren.«
Hans-Jürgen Bömelburg: Grenzgesellschaft und mehrfache Loyalität in: ZfO 55, 2006, S. 57.
Das Deutsch-Kroner Land war deutsch. Im Norden entstanden deutsche Dörfer im 14. (manche vielleicht schon im 13.) Jh., sie blieben immer deutsch. Die im 14. Jh. bei Schloppe entstandenen deutschen Dörfer gingen bald wieder ein, aber im 16. Jh. wurden im ganzen Deutsch-Kroner Lande viele deutsche Schulzendörfer gegründet, sie blieben fast alle deutsch, auch unter polnischer Herrschaft.
Walther Maas: Siedlungen zwischen Warthe und Netze, Marburg 1976, S. 173.
Nach fast zwei Jahrhunderten unter dem preußischen Joch kehrte das Polentum im Frühjahr 1945 im Feuer der Schlachten in das alte Ziemi Wałecki zurück. Kaum waren die Kanonen verstummt, kaum war die Rückgabe der Westgebiete ans Mutterland gemäß internationaler Vereinbarungen legalisiert, schon strömten Scharen von Polen nach Wałecki, das jahrhundertelang die polnischen Grenzen gen Westen bewacht hatte.«
Z. Boras, A. Wedzki, R. Walcak: Historia powiatu wałeckiego w zarysie, Posen 1961, S. 316.